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Finger weg von Vitamintabletten

Viele Menschen sorgen sich um Ihren Vitaminhaushalt und kaufen daher Nahrungsergänzungsmittel. Die pharmazeutische Industrie greift die Sorge der Menschen gerne auf und wirbt umfangreich für entsprechende Produkte. Doch gibt es wissenschaftliche Hinweise, dass Vitamine Herz-Kreislauf- und Tumorerkrankungen verhindern können? Ein unabhängiges Expertengremium aus den USA hat die aktuelle Studienlage analysiert und Empfehlungen formuliert. Die Wissenschaftler haben 90 Studien identifiziert, von denen 84 mit einem randomisierten Design durchgeführt wurden. Darin konnten sie keine Belege dafür finden, dass Vitamine bei Personen, die keine speziellen Mangelzustände haben, einen schützenden Einfluss auf die Entstehung von Herz-Kreislauf- oder Tumorerkrankungen haben. Vor der Einnahme von Beta-Carotin- oder Vitamin E-Präparaten warnen die Wissenschaftler sogar, da es Hinweise für ein vermehrtes Auftreten von Lungenkrebs gibt. Für Multivitaminpräparate ist die Datenlage so heterogen, dass die Wissenschaftler weder eindeutig positive noch negative Aussagen machen können. Die wissenschaftliche Datenlage rechtfertigt also nicht die hohen Verkaufszahlen von Vitaminpräparaten.
Stellt sich die Frage, woher der Hype um die Vitamine abseits der wirtschaftlichen Interessen kommt. Vitamine sind eine relativ junge Entdeckung aus dem späten 19. Jahrhundert, 1929 erhielt Christiaan Eijkman für seine Entdeckung des Vitamins B1 den Nobelpreis. Laut der Pharmazie-Historiker waren es nur wenige Jahre später die Nationalsozialisten, die einen ersten Massenmarkt für Vitamine schufen, um Mangelernährung zu verhindern – die erst wenige Jahre zuvor entdeckten lebenswichtigen Stoffe sollten den „Volkskörper“ stärken. Es gab sogar eine Reichsanstalt für Vitaminprüfung und -forschung. Der Glaube an die stärkende, gesundmachende Wirkung von Vitaminen hat also eine längere Vorgeschichte und hält sich bis heute. Ich empfehle hingegen: Kaufen Sie frisches Gemüse – Finger weg von Vitamintabletten.

O’Connor EA, Evans CV, Ivlev I, Rushkin MC, Thomas RG, Martin A, Lin JS. Vitamin and Mineral Supplements for the Primary Prevention of Cardiovascular Disease and Cancer: Updated Evidence Report and Systematic Review for the US Preventive Services Task Force. JAMA. 2022 Jun 21;327(23):2334-2347. doi: 10.1001/jama.2021.15650. PMID: 35727272.

US Preventive Services Task Force, Mangione CM, Barry MJ, Nicholson WK, Cabana M, Chelmow D, Coker TR, Davis EM, Donahue KE, Doubeni CA, Jaén CR, Kubik M, Li L, Ogedegbe G, Pbert L, Ruiz JM, Stevermer J, Wong JB. Vitamin, Mineral, and Multivitamin Supplementation to Prevent Cardiovascular Disease and Cancer: US Preventive Services Task Force Recommendation Statement. JAMA. 2022 Jun 21;327(23):2326-2333. doi: 10.1001/jama.2022.8970. PMID: 35727271.

https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/nationalsozialismus-vitaminschub-fuer-den-volkskoerper-a-809998.html

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